Es ist ein heisser Samstagnachmittag. Im Fussballstadion pulsiert das Leben – Fahnen wehen, Gesänge...
Chemie im Team
«Wir können einfach nicht miteinander!» Eine Aussage, die suggeriert, dass Zusammenarbeit von Anfang an reibungslos funktionieren sollte. Doch Team-Chemie ist kein Zufallsprodukt – sie entsteht durch bewusste Entscheidungen, tägliche Begegnungen und gelebte Haltung. Es zählt, wie wir einander begegnen. Mein Beitrag zeigt, wie Teams mit Reflexion, Tools und Feedback sowie Beziehungskompetenz eine Kultur schaffen, in der Menschen gemeinsam wirken.
Team-Chemie: Alles andere als Zufall
Hybride Zusammenarbeit, zunehmende Fluktuation und Phänomene wie «Quiet Quitting»: Es ist höchste Zeit, sich Gedanken über die Chemie im Team zu machen. Sie ist ein entscheidender Faktor für die Bindung von Mitarbeitenden. Stimmt die Chemie, entsteht ein Umfeld, in dem Menschen bleiben, wachsen und gemeinsam wirken wollen.
In diesem Umfeld fühlt sich Kollaboration leicht und mühelos an. Die Arbeit macht Spass und Ideen sprudeln. Innovation – Vollgas! Doch Chemie, die stimmt, entsteht nicht von selbst. Sie wird bewusst geschaffen.
«Chemie im Team ist das Ergebnis vieler kleiner Entscheidungen, die man jeden Tag trifft – mal bewusst und manchmal unbewusst.»
Werfen wir einen Blick in den (Berufs-)Alltag: Noch vor dem Betreten des virtuellen oder physischen Büros beeinflussen Erlebnisse, Situationen und Erwartungen die Tagesstimmung. Vielleicht liegt ein anstrengender Familienmorgen hinter einem, vielleicht ein inspirierender Lauf entlang der Limmat oder ein schwieriges virtuelles Abstimmungsgespräch mit dem Team in Asien. Das prägt unsere nächste Begegnung, ob man will oder nicht.
Das gilt für Alle, auch den lieben Kolleginnen und Kollegen geht es so. Jeder hat einen mehr oder weniger guten Start in den Tag. Und jede von uns trägt ihre eigenen Erlebnisse, Stimmungen und Erwartungen in ihre nächsten Begegnungen. In solchen Momenten ist eine bewusste Entscheidung gefragt: Gibt man seine Energie einfach weiter? Oder ist Innehalten angesagt, um das Gegenüber wahrzunehmen und Brücken zu bauen?
Wenn jede Begegnung als Chance zum Brückenbauen verstanden wird – ohne sich zu verbiegen, verändert sich die Chemie im Team nachhaltig.
Brücken bauen und die Team-Chemie beeinflussen
Teams, denen das schwerfällt, profitieren von Reflexion, Dialog und Transparenz, die eine starke Kollaboration fördern. Mit folgenden Werkzeugen lassen sich Brücken bauen:
- Anonyme Feedbackschleifen mit Mentimeter: Um Unausgesprochenes gezielt abzuholen.
- Feedbacks von Team und Führungskräften mit Surveymonkey: Um Veränderungen im Teamgefüge zu messen. Tipp: Die strategische Begleitung in volatilen Zeiten hilft Führungskräften, sich so zu entwickeln, damit sie die Teamkultur entscheidend positiv prägen.
- Workshops mit Persönlichkeitstest: Helfen Mitarbeitenden, Persönlichkeitsmuster zu erkennen und diese Erkenntnisse für eine bessere Kommunikation einzusetzen.
- Buddy-Systeme: Um die Kollaboration zu verbessern. Zwei Teammitglieder ergänzen sich bewusst und geben sich gegenseitig Rückmeldung.
«Bau heute eine Brücke. Nicht weil du musst, sondern weil du kannst.»
Diese Ansätze wirken besonders stark, wenn sie in eine Kultur des bewussten Miteinanders eingebettet sind und im Team angewendet werden. Dazu gehört, dass das Team den Sinn im Brücken bauen nicht als Bauauftrag, sondern als gemeinsame Mission erkennen muss. So wie der Steinmetz, der nicht nur Steine klopft, sondern eine Kathedrale errichtet. Denn Brücken entstehen nicht durch Anweisungen, sondern durch Begegnung. Manchmal genügt ein Moment echter Präsenz, angreifbarer Ehrlichkeit und dem Mut zu Verantwortung, um Perspektiven im Team zu verbinden. Denn wo Menschen sich wahrhaft begegnen, geschehen chemische Explosionen (positive) Trotzdem ist Team-Chemie kein Laborexperiment, sondern eher wie gemeinsames Kuchenbacken: Jeder bringt was mit und jede bringt sich ein. Dabei ist das Timing wichtig und am Ende weiss möglicherweise keiner mehr wer das Rezept hatte oder was mitbrachte, es schmeckt einfach wunderbar - aus Austausch wird Verbindung, aus Zusammenarbeit Miteinander.
Das Tool Mentimeter beispielsweise kann dank seiner anonymen Word-Cloud-Funktion zur Meinungsabfrage in Meetings werden und der schüchterne Teil des Teams lernt sich einzubringen. Wie solche Tools konkret wirken können, zeigt folgendes Praxisbeispiel:
In einem Projektteam war die Stimmung angespannt. Die Meetings verliefen zäh, Konflikte wurden vermieden, Entscheidungen wurden herausgezögert. Meinungen wurden zurückgehalten. Gemeinsam mit dem Team haben wir mit Persönlichkeits-Workshops begonnen, um die Kommunikationstypen sichtbar zu machen. Es wurde erkannt, dass nicht alle sich wohlfühlten, ihre Meinung im Teammeeting zu positionieren. Daher nutzte das Team fortan die Word-Cloud-Funktion, um zu erfragen, wie sich Einzelne mit Entscheidungen fühlten oder welche Ideen sie gerne loswerden würden.
Dies resultierte in mehr Verständnis füreinander, in mutigeren Dialogen und in einer echten Aufbruchstimmung. Warum? Weil die Meinungsabfrage jede Person abholte und somit die Chance auf echten Austausch kreierte.
Was das Beispiel zeigt, ist das Teams, die sich gegenseitig Raum geben, echtes Zuhören praktizieren und Tools klug einsetzen, leise, aber kraftvoll eine funktionierende Kollaboration praktizieren. Am Ende geht es nicht um perfekte Meetings, Vorschläge und Einwürfe, sondern um Menschen die sich gesehen fühlen. Und genau das ist die beste Grundlage für eine Chemie, die stimmt.
In Beziehungen investieren: die «Karma Bank»
Die Werkzeuge für den Brückenbau schaffen den Willen und die Mission, sich aufeinander einzulassen. Im nächsten Schritt gilt es, diese Team-Chemie zu pflegen. Dabei hilft es, wenn wir wiederholt und bewusst in Beziehungen um uns herum investieren. Ich nutze dafür meine Idee der «Karma Bank». Sie arbeitet mit der Summe vieler kleiner Interaktionen. Mit wohlwollenden Handlungen sorgt man für einen positiven Saldo, während zielfremde Aktionen zu Abzügen führen.
Auf der «Karma Bank» gibt es ein Karma-Bankkonto, auf das Teammitglieder täglich einzahlen, oder es mit emotionalen Abbuchungen belasten:
Das Prinzip ist einfach: Jedes Verhalten und jede Interaktion beeinflusst den Kontostand und wird in der Selbstreflektion mit einem Coach sichtbar. Spannend wird die Karma-Bank, wenn man die Interaktionen mit den Werten der Organisation in Einklang bringt. Übrigens funktioniert die Karma-Bank in abgewandelter Form auch als Werkzeug für Teams.
Weitere Beispiele für Interaktionen:
Handlung |
Konto-Aktion |
Wirkung auf die Chemie |
Feedback geben und annehmen |
Einzahlung |
Lernkultur und Offenheit |
Ablenkung im Gespräch |
Abbuchung |
Geringe Wertschätzung |
Ehrlich und transparent agieren |
Einzahlung |
Vertrauen und Glaubwürdigkeit |
Kollegen unterbrechen |
Abbuchung |
Mangelnder Respekt |
Bewusste Investitionen schaffen Vertrauen, Offenheit und Sicherheit – unabhängig vom Typ Mensch. Gute Team-Chemie ist also kein Zufallsprodukt, sondern eine Art Beziehungsbilanz, die sich über die Zeit und mittels Taten entwickelt.
Echtes Verständnis füreinander beeinflusst die Chemie
Um dem Zufall ebenfalls entgegenzuwirken, können Persönlichkeitstests wie DiSG eingesetzt werden. Anstatt die Teammitglieder aufeinander loszulassen, können hierbei bewusste Kommunikation und Kollaboration gelebt werden. Persönlichkeitstests bringen Eigenschaften und Verhaltensmuster von Individuen in Teams unmissverständlich zum Vorschein und helfen, sich selbst und andere besser zu verstehen.
Die Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit anderer verbessert das Einschätzungsvermögen. Weiter liefert es Hinweise dafür, wie das eigene Wirken andere beeinflusst und wie die Kommunikation mit ihnen zielführend gestaltet werden kann. Man versteht, worauf zu achten ist, was das Gegenüber im Gespräch braucht – und wie man am besten miteinander kollaboriert.
Wichtig dabei: Das Testergebnis allein verändert noch nichts. Die wahre Wirkung entfaltet sich erst, wenn die erlangten Erkenntnisse in den Alltag gebracht und zur Veränderung genutzt werden.
Tipp: Ein Ritual wie den „DiSG-Dienstag“ etablieren: Einmal pro Woche gemeinsam reflektieren, ob Stärken im Team zielführend eingesetzt werden und wie mit Unterschieden umgegangen wird.
Fazit: Team-Chemie ist Haltungssache
Gute Kollaboration ist das Resultat gezielt eingeleiteter chemischer Reaktionen. Sie entsteht, wenn Menschen bereit sind, sich aufeinander einzustellen, ihre Muster zu hinterfragen und in die Beziehungsqualität des Teams zu investieren. Voraussetzungen sind, dass man…
…sich traut, Brücken zu bauen, auch wenn es unbequem ist.
…etwas trotzdem tut, auch wenn es mehr Aufwand bedeutet.
…gewohnte Herangehensweisen hinter sich lässt.
Persönlichkeitstests können zu Türöffnern werden, wenn man sie gezielt in der täglichen Arbeit und im Miteinander einsetzt.
Mit Tools allein ist es noch nicht getan. Es gilt, Haltung zu zeigen – vom ersten Moment der Interaktion mit einer immer neuen Neutralität. Klingt nach einem Widerspruch? Nicht ganz, denn es heisst nicht, Haltung zu zeigen, ohne die eigene Meinung und Überzeugung zu verlieren. Die Neutralität gilt dem Gegenüber und dafür zu sorgen, dass vorgefertigte Meinungen über diese Person die eigene Haltung nicht beeinträchtigen. Im Beispiel der Karma-Bank: Nur weil ein Teammitglied nicht mit anpackt, wird dies nicht zum Freifahrtschein, die eigene Haltung zum Thema Kollaboration über Bord zu werfen.
Team-Chemie ist gestaltbar, wenn wir bereit sind, echte Beziehungskompetenz zu leben. Überlassen wir also nichts dem Zufall, sondern steuern die Team-Chemie mit Haltung hin zu einer Chemie, die stimmt – für alle.