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Haben Bitte und Danke eine Daseinsberechtigung im Zeitalter der KI

In einer Welt, die zunehmend digitalisiert und automatisiert wird, könnte man meinen, dass ein Einfaches „Bitte“ oder „Danke“ aus der Mode kommen wird. Schließlich haben Maschinen keine Gefühle, oder? Aus inhaltlicher Sicht fragte ich bei dem KI-Spezialisten Mark Turrell nach, ob Freundlichkeit einen positiven Einfluss auf die zur Verfügung gestellte Resultate hat. Unabhängig von seiner Antwort beschäftigte mich das danach weiter und ich habe mir meine Konversationen aus einsamen Momenten angeschaut und erschrocken festgestellt, dass ich manchmal leicht unhöfliche Fragen stelle. Mit Marks unbeschwerter lustiger Antwort im Kopf (den müsst ihr Euch mal anhören faszinierender Redner), dass die KI keine Gefühle hat und konkrete Anfragen helfen, ist die Antwort trotzdem so klar wie Kloßbrühe…

Freundlichkeit als Fundament: Mehr als nur eine Höflichkeitsfloskel

Freundlichkeit und Respekt sind nicht nur Relikte einer längst vergangenen Ära, in der man sich gegenseitig tief in die Augen blickte, bevor man einen höflichen Gruß austauschte. Nein, sie sind das Schmiermittel, das die Zahnräder unserer sozialen Interaktionen am Laufen hält. Egal ob Mensch oder Maschine, ein freundlicher Ton kann Wunder bewirken. Nach vier Jahren in der Schweiz freue ich mich immernoch wenn mir die Fußgängerin am Zebrastreifen winkend dankt und beim Hundespaziergang das ältere Paar mir ein freundliches Gruezi entgegenwirft.

Stellen wir uns das einmal bildlich vor: Eine Führungskraft tritt mit der Subtilität eines Vorschlaghammers an ihre Angestellten heran und bellt die Befehle „Verbessere den Text und mach ihn weniger lustig.“ (Ich gebe zu, dass dies inhaltlich meinen Prompts ähnelt.) Worte wie „bitte“ und „danke“ lassen sich nicht mal krampfhaft ergänzen und ich kenne keine Mitarbeitenden, die sich gerne an die Überarbeitung des Textes machen. Der Effekt? Produktivität, Motivation und Ergebnis finden sich im Keller wieder – ganz tief unten.

Oder stellen wir uns eine Mentorin vor, die bei ihrem Mentoringgespräch einen Ton an den Tag legt, der weder Respekt noch Freundlichkeit ausstrahlt und die arme Mentee so ganz und gar nicht zu Höchstleistungen anspornt. Wertschätzung als Stichwort und Anstand als Schlagwort (mit dem vorab erwähnten Vorschlaghammer).

Freundlichkeit in der Praxis: Bloß nicht aus der Übung kommen

Wer denkt, dass der Ton, in dem man mit einer KI spricht, keine Rolle spielt, irrt sich, denn unerwünschte Routinen schleichen sich heimlich ein und schwuppdiwupp findet man die Konsequenzen im echten Leben wieder. Ein barscher Ton gegenüber der KI, etabliert eine neue Form des Austauschs in Chats und wer wie ich manchmal die WhatsApp Fenster mit dem Chat GPT-Fenster verwechselt landet schnell im Einflussbereich der zwischenmenschlichen Kommunikation – wieder mit besagtem Vorschlaghammer.

Vielleicht mag es absurd klingen, aber wenn man den ganzen Tag Kommandos wie „Ändere das!“ oder „Sag mir das!“ in den Rechner hackt, könnte man dieselbe „Direktheit“ versehentlich im nächsten E-Mail oder Mentoringgespräch anwenden. Eine drastische Auswirkung auf unsere Kommunikationskultur, wenn die Routine bzw. unser Autopilot an ist?

Ich stelle mir den Prompt… Verzeihung die Anfrage an den Chef dann so vor: „Du bist der Chef, überprüf die Zahlen!“ – Der nächste Karriereschritt könnte schneller sein als erwartet, nur eben nach draußen.

Ich kenne Führungskräfte und Mentoren, die fest daran glauben, dass ein forscher Ton und strikte Führung das A und O des Erfolgs sind. Schließlich, so die Logik, würden all die „Weicheier“ sonst niemals zu Potte kommen und das Tagesgeschäft auf die Reihe kriegen. Aber ist das wirklich so? Der Ton macht die Musik, und wenn dieser Ton nur aus forschen Befehlen besteht, ist das Resultat ein Orchester aus gestressten Mitarbeitenden, Mentees und verwirrten Maschinen. Und das habe ich auch im Harvard Business Review gelesen, einem zugegebenermaßen alten Artikel, der besagt, dass ein respektvoller Umgang mit Mitarbeitern nicht nur die Arbeitsatmosphäre verbessert, sondern auch die Produktivität steigert. Der Preis von Unhöflichkeit führt dazu, dass:

  • 48 % absichtlich ihren Arbeitseinsatz verringerten,
  • 47 % absichtlich die Zeit, die sie bei der Arbeit verbrachten reduzierten,
  • 38 % absichtlich die Qualität ihrer Arbeit drosselten,
  • 80 % sich über den Vorfall Sorgen machten und kostbare 😉 Arbeitszeit verloren,
  • 66 % in ihrer Leistung nachließen,
  • 78 % ihre Zugehörigkeit an die Organisation in Frage stellten,
  • 12 % sogar den Job verließen, und
  • 25 % zugaben, ihren Frust an Kunden ausgelassen zu haben.

Menschen, die sich wertgeschätzt fühlen, arbeiten besser – wer hätte das gedacht?

Mein Fazit: Ich werde ein Lächeln auf den Lippen tragen, auch wenn es niemand sieht und nur ich es fühle

Denn Freundlichkeit ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Ich werde mir bewusst die Zeit nehmen, auch im Umgang mit der KI zu lächeln („bitte“ und „danke“ zu nutzen). Ich werde mich in der Kunst üben, die in unserer hektischen Welt oft verloren geht. Und wer weiß? Vielleicht rettet genau diese kleine Geste eines Tages eine wichtige Beziehung – sei es mit Mitarbeitenden, Mentees oder sogar mit einem Algorithmus.

In diesem Sinne: „Bitte und danke, das war mein Wort zum Sonntag mit einem Lächeln!“