Es ist ein heisser Samstagnachmittag. Im Fussballstadion pulsiert das Leben – Fahnen wehen, Gesänge hallen durch die Ränge, und die Spannung vor dem Anpfiff ist beinahe greifbar. Zehntausende Fans stehen Schulter an Schulter, viele in den Farben ihres Teams, voller Vorfreude und Nervosität. Doch die Reise der meisten begann schon Stunden zuvor: Freunde verabreden sich, Trikots werden übergezogen, Selfies auf Social Media gepostet und man trifft sich auf dem Vorplatz, um die Stimmung gemeinsam zu geniessen. Die 90 Minuten Fussball, die folgen, sind zwar der Höhepunkt, aber das, was den Tag unvergesslich macht, geschieht drumherum: die Rituale, die Gemeinschaft, die Höhen und Tiefen, die man mit Fremden teilt, die sich plötzlich wie Familie anfühlen. Selbst wenn das Spiel verloren geht, das Erlebnis bleibt.
Dieses Beispiel zeigt deutlich, worum es in der heutigen Geschäftswelt geht: Produkte und Dienstleistungen sind wichtig, doch es sind die Erlebnisse, die dauerhaft im Gedächtnis bleiben. Ein Fussballspiel ist nicht nur die Leistung auf dem Platz. Ein Freizeitpark ist nicht nur eine Sammlung von Achterbahnen. Eine digitale Plattform ist nicht nur Technik. Was Menschen wirklich bindet, ist die Art und Weise, wie sich das Erlebnis in ihre Lebensreise einfügt, welche Emotionen es hervorruft und welche Geschichten sie dadurch erzählen können.
Doch was bedeutet „Customer Experience“ eigentlich? Wissenschaftlich betrachtet, umfasst es die kognitiven, emotionalen, sozialen, verhaltensbezogenen und sensorischen Reaktionen der Konsumenten auf die Angebote eines Unternehmens (Santos & Gonçalves, 2021). Einfach gesagt: Es ist die Summe aller Eindrücke und Gefühle, die ein Kunde einer Marke, einem Produkt oder einer Dienstleistung gegenüber entwickelt, geformt durch jede einzelne Interaktion entlang der gesamten Customer Journey (Rusnjak & Schallmo, 2018).
Noch vor wenigen Jahrzehnten war unternehmerischer Erfolg relativ simpel: Ein gutes Produkt, zuverlässiger Service und ein fairer Preis – und die Kasse stimmte. Heute hat sich das Spielfeld verschoben. In unserer globalisierten Welt investieren immer mehr Menschen lieber in Erlebnisse statt in Dinge – egal ob Teenager, die für ein Konzertticket sparen, oder Rentner, die sich eine unvergessliche Reise gönnen.
Warum? Weil Erlebnisse Geschichten schenken. Weil sie uns mit Gemeinschaft verbinden. Weil sie Teil unserer Identität werden. Natürlich kaufen Kunden immer noch Produkte – aber selbst bei physischen Gütern ist es oft das Erlebnis rund um das Produkt, das den Unterschied macht.
Ein Beispiel: Eine Luxusuhr misst präzise die Zeit. Aber der wahre Wert liegt im Gefühl, das sie vermittelt: Stolz, Erfolg, Zugehörigkeit. In Foren wie der „Breitling Owners Club“-Gruppe auf Facebook geht es längst nicht nur um Technik. Vielmehr teilen Mitglieder Fotos, Geschichten und die Freude daran, Teil einer exklusiven Gemeinschaft zu sein. Und auch beim Service erwarten Kunden heute mehr: Bringt man eine Luxusuhr zur Wartung, möchte man nicht nur eine technische Reparatur. Man erwartet eine nahtlose Experience, vom freundlichen Empfang über den Cappuccino im Wartebereich bis zur Rückgabe in einer edlen Box, die fast selbst schon ein Produkt ist.
Diese Erkenntnis, dass das Erlebnis integraler Bestandteil des Angebots ist, ist nicht neu. Schon lange haben Branchen wie Hotellerie oder Freizeitparks verstanden, dass Atmosphäre, Komfort und Storytelling den Wert einer Leistung vervielfachen können. Über die Jahre hat sich diese Perspektive in viele andere Branchen ausgeweitet: Händler gestalten ihre Stores als Erlebniswelten, Automarken verwandeln Showrooms in Lifestyle-Treffpunkte, Banken entwickeln persönliche Service-Momente.
Doch in den letzten Jahren hat sich die Bedeutung von Erlebnissen noch einmal verschärft: In gesättigten Märkten, in denen Produkte und Services schnell kopiert werden, ist es oft das einzigartige Erlebnis, das über Kundenbindung und Kaufentscheidung entscheidet (Pine & Gilmore, 2013).
Was Marken heute unterscheidet, ist daher die Experience: Konsumenten akzeptieren keine langen Warteschlangen mehr, keine umständlichen Webseiten, keinen schlechten Service. Sie erwarten, dass Marken ihre Bedürfnisse antizipieren, konsistent auftreten und Momente der Freude schaffen.
Ein weiteres Beispiel sind PKWs. Vor 70 Jahren war ein Volkswagen Käfer ein Meilenstein – plötzlich war individuelle Mobilität erschwinglich. In den 80ern war ein Mercedes noch Synonym für Langlebigkeit und Qualität, während Hyundai eher als Billigmarke galt. Heute? Hyundais sind technisch und qualitativ auf Augenhöhe, teilweise sogar besser in Sachen Zuverlässigkeit. Was unterscheidet Hyundai also von Mercedes? Das Gefühl einen Mercedes zu fahren. Ein Mercedes strahlt immer noch Status und Erfolg aus – und genau dieses Gefühl ist es, das Kunden kaufen.
Dasselbe Prinzip gilt auch im Freizeitpark: Natürlich sind Achterbahnen, Shows und Restaurants wichtig. Doch was die Gäste wirklich im Gedächtnis behalten, sind die leuchtenden Augen ihrer Kinder, die Musik, die Jahre später nostalgische Erinnerungen weckt, und die gemeinsamen Momente, die zur Familiengeschichte werden.
Oder im Sport: Statistiken und Merchandise sind wertvoll, aber was Fans wirklich bindet, ist das Gefühl, Teil einer weltweiten Gemeinschaft zu sein – dieselben Emotionen in Echtzeit zu teilen. Diese Gemeinschaftserfahrung verwandelt Transaktionen in Beziehungen.
Produkte lassen sich kopieren. Preise lassen sich unterbieten. Aber das Gefühl, das ein Unternehmen seinen Kunden vermittelt, ist einzigartig – und genau dieses Gefühl sorgt dafür, dass sie wiederkommen.
Wenn auch du deine Customer Experience weiterentwickeln möchtest, dann komm gerne auf uns zu!
von Joern Schlimm